Der Grüneislhof in Wolferszell

 

von Claudia Heigl

 

 

 

Der Grüneislhof wurde Anfang des 20. Jahrhunderts  mit dem Nachbaranwesen Amberger (früher Hs.Nr. 9) zusammengelegt. Von dem ursprünglichen Hof ist heute nichts mehr zu erkennen.

 

uraufnahme grueneislhof

Der Grüneisl-Hof hatte ab 1808 die Hs.Nr. 5
Uraufnahme aus dem Jahr 1827
(Quelle: Bayer. Vermessungsverwaltung München, Bayernatlas)

 

 

Grundherr des Hofes war der Pfarrer zu Steinach. 15791 hatte der Schuster Hans Fuchs darauf, aufgrund eines Kaufbriefes, Erbrecht und dient hierfür an den jeweiligen Pfarrer zu Steinach jährlich mit 3 Schilling Pfennige. Zusätzlich musste er an den fürstl. Kasten zu Straubing noch jährlich 4 Regensburger Pfennige abführen.   Zum Anwesen gehört ein hölzernes Häusl, ein Stadel mit einer Tenne, Stall und ein Backofen, alles baufällig.

 

15992 wird ein Georg Fuchs als Besitzer genannt, wahrscheinlich ein Sohn des Hans. Hier wird die Sölde mit 12 ½ Pfund bewertet. Seine Witwe Barbara heiratet einen Mathias Fischer.

 

 Besitzer Fuchs Fischer

 

 

Als nächster Besitzerwird ein Paul Fischer genannt1. Er dürfte identisch sein mit dem Hafner auf dem Anwesen Nr. 8 in Wolferszell und ggf. ein Bruder des Mathias Fischer gewesen sein.

Von ihm sind vier Kinder bekannt:
- Georg (*ca. 1593) übernimmt den Hof in Wolferszell
- Michael  seit ca. 1643 Hafner in Gschwendt Nr. 5
- Margaretha heiratet ca. 16383 Sebastian Foidl, Söldner von Agendorf Nr. 37
- Andreas  wird ab 11.03.1637 als Bauer auf dem Berghof genannt. Bei ihm starb seine Mutter, die Witwe Agatha Fischer Anfang 16374.

 

Georg Fischer und seine Ehefrau Anna übernehmen den Hof. Im Mai 16375 verleiht Ihnen Pfarrer Pfliegl von Steinach, wie schon dem Vater, 21 Pifang Äcker und einen Tagwerk Wiesmad auf lebenslanges Leibgeding.

 

Als Georg Fischer 1653 stirbt, wird die Erbrechtssölde an einen Mathesen Prem verkauft6. In den Kaufvertrag steigt jedoch der Schuster Marx Werl (weitere Schreibweisen: Wörl, Wiedler, Wieder) ein7 8 Mathias Prem erwirbt dafür den Hof auf dem Kindlasberg.
Die Familie Werl (weitere Schreibweise des Namens: Wiedler, Wörl) finden wird vorher als Schuster in Steinach, wo auch die vier Kinder zu Welt kommen.

 

Marx Werl ist in erster Ehe mit einer Barbara verheiratet. 26 Jahre nach seiner zweiten Heirat richteten er und seine Ehefrau noch nachträglich einen Ehevertrag ein9.
Vier seiner Kinder sind bekannt:
- Andreas heiratet am 22.11.1650 die Steinacher Bauerstochter Maria Magdalena Hitzinger und machte sich als Schuster in Steinach ansässig
- Michael (*25.08.1640)  übernimmt den elterlichen Hof
- Margaretha (*14.10.1643) heiratet am 16.08.1666 Wolfgang Schmidbauer einen Witwer und Weber von Agendorf Nr. 39
- Christoph (*12.1645) heiratet am 20.05.1669 die Bauerstochter Barbara Landstorfer. Er ist zunächst Weber in Wolferszell und macht sich dann in Aufroth ansässig.

 

Besitzer Werl

 

Sohn Michael übernimmt lt. Brief vom 14.10.1671 den Hof in Wolferszell. Seine Ehe mit Magdalena Löffler bleibt allerdings kinderlos. Als Michael am 14.01.1692 im Alter von 52 Jahren stirbt,  verkaufen die Erben die Erbrechtssölde an Benedikt und Barbara Deblinger10. Barbara ist höchstwahrscheinlich eine Verwandtschaft der Magdalena Löffler.

Deblinger Benedikt wird jedoch bereits am 13.02.1692 als Vorsteher und Hofbauer im Schloss Steinach genannt und stirbt als solcher auch dort am 1718 im Alter von 60 Jahren.

 

Besitzer Deblinger

 

 

Der Hof kommt dann in die Hände von Simon Grüneisl, von dem der Hof auch seinen Namen bekommen hat. Simon übt, wie sein Vater, das Hafnerhandwerk aus. Von 1697 bis 1788 sind nun auf dem Anwesen Hafner ansässig.

Aus erster Ehe bekommt Simon Grüneisl mit seiner Ehefrau Veronika, geb. Sieber drei Kinder:
- Thomas (*1698) lässt sich 1728 als Hafner in Steinach Nr. 65 nieder
- Christopher (1698-1699)
- Joseph (*1700)

Nach dem Tod seiner Ehefrau heiratet er die Wolferszeller Müllerstochter Susanna Kraus, mit der er nochmals acht Kinder bekommt:
- Johann Mathias (*1704) +
- Anna Margaretha (*1706)
- Maria Barbara (*1707)
- Johann Mathias (*1710), Hofnachfolger
- Maria Katharina (*1712)
- Johann Georg (*1714)
- Joseph (*1717) heiratet 1761 eine Barbara Ruck und ist zunächst Zimmermann in Wolferszell, dann verliert sich seine Spur.
- Anna Maria (*1719)

 

 

Sohn Mathias übernimmt das Anwesen und wird von 1740 bis 178711 im Zunftbuch der Hafner in Straubing genannt. (Allerdings ist Mathias Grüneisl am 30.01.1785 im Alter von 70 Jahren bereits verstorben.) Er ist mit der Bauerstochter Anna Maria Schmidbauer von Wolferszell (Hs.Nr. 13) verheiratet. Von den sechs Kindern erbt die jüngste Tochter  Anna Maria nach dem Tod des Vaters das Anwesen. Sie ist mit dem Wolferszeller Schmid Joseph Zwickenpflug (siehe Schmiede Hs.Nr. 6) verheiratet.

Die Hafner-Werkstatt des Mathias Grüneisl übernimmt von 1785 bis 1788 ein Anton Wiesinger von Ascha.

 

Besitzerfolge Grieneisen

 

Sowohl der Grüneislhof wie die Schmiede werden nun in der Familie Zwickenpflug weitervererbt. Sohn Mathias Zwickenpflug übernimmt am 28.12.1809 vom Vater beide Anwesen um 2.200 Gulden. 1838 wird die Hofstelle wie folgt beschrieben: „Wohnhaus, Stallung und Stadel unter einem Dache, Wagenschupfe, Backofen und Hofraum“ Der Hof ist Erbrechtsweise grundbar zum Pfarrhof Steinach.

Ca. 1847 wird Enkel Joseph Zwickenpflug Hofbesitzer. Dieser verkauft den Grüneislhof mit 10,85 Tagwerk Grund am 18.03.1863 an einen Georg  Zeindlmaier um 4.222 Gulden, nachdem er bereits 1861 die Schmiede verkauft hatte.

 

Georg Zeindlmaier ist der Sohn des Joseph Zeindlmaier und dessen Ehefrau Magdalena, Bauerseheleute auf dem „Hienhof“ Nr. 38 (heute Kettl-Hof). Nachdem der Vater früh stirbt, heiratete die Mutter wieder. Magdalena Zeindlmaier stirbt jedoch ebenfalls sehr früh und der Stiefvater Michael Zeindlmaier holt sich eine neue Ehefrau ins Haus. Als die Tochter Maria aus dieser zweiten Ehe 1863 Georg Dietl heiratet und den Hof übernimmt, sucht sich Georg mit seinen beiden ebenfalls unverheirateten Schwestern eine neues Zuhause und erwerben den Hof in Wolferszell.

 Besitzerfolge Zeindlmeier

 

 

Der Hof wird mit dem Nachbarhof zusammengelegt

Am 04.05.1895 kauft die Hofstelle der Nachbar Josef Fuchs von Hs.Nr. 9 und legt beide Anwesen zusammen.

Nach dem Verkauf ziehen die zwei noch lebenden Zeindlmaier-Geschwister als Privatiersleute nach Steinach.

 

luftaufnahme grueneislhof

Luftaufnahme 2022
(Quelle: Bay. Vermessungsverwaltung München, Bayernatlas)

 

 

 

 

1 StaLa, Rentkastenamt Straubing B38, Sal- und Urbarsbuch des Rentkastenamts Straubing, Band II 1579-1807, fol 153‘
2 StaLA, Rentkastenamt Straubing B101, Steuerbuch des fürstl. Kasten Straubing 1599, fol. 104‘
3 StA Landshut, Rentkastenamt Straubing, P51,  fol.71  Verkauf am 11.11.1638 von Äckern des verstorbenen Paul Fischer durch die Kinder Margaretha und Andreas an Marx Werl.
4 StA Landshut, Rentkastenamt Straubing, P50,  fol.14‘   Vertrag vom 11.03.1637
5 StA Landshut, Rentkastenamt Straubing, P50,  fol.75   Leibgedingsbrief vom Mai 1637
Herr M. Johann Pfliegl, Pfarrer zu Steinach, dann Bärtlme Ziflinger, Hafner zu Wolferszell und ... weiland Veiten Pichelmair gewester Wirt zu Wolferszell sel. ... gelassen anjetzen aber Georg Stubenhovers, Wirt zu Gschwendt eheliche Hausfrau, .. als über das St. Ursula Gotteshaus zum Kapflberg verordnete Kirchenpröbste verkaufen dem erbaren Georg Vischer zu Wolferszell und Anna dessen Eheweib nemblichen zwei Äcker in Rothamer Feld gelegen bei 21 Pifang samt einen Tagwerk Wiesmad in der Augwis zu Wolferszell liegend mit dem Eigentum zu St. Ursula Gotteshaus aufm Kapflberg gehörig, das daraufhabende Recht und Gerichtigkeit allerdings auf sein Georg Vischer als Käufers im 40., sein Weib Anna bei 36 und ein Kind Georg derzeit .. halbes Jahr als deren drei lebenlang mit der Kaufsumme von 12 fl 
4 StA Landshut, Rentkastenamt Straubing, P55,  fol.25‘  Schätzung und Kaufbrief vom 27.03.1653
27.03.1653: Simon Rothamer zu Rotham und Jobst Foyerl von Agendorf als verordnete Schätzleit haben auf Ableben des Georg Vischers zu Wolferszell sel. dessen hinterlassene
Erbrechtssölde daselbst  (Salbuch fol. 153 zum Kasten Straubing ) auf 130 fl geschätzt und verkaufen dem erbaren Mathesen Prem zu Wolferszell  (mit Vorweis des Hl. Pfarrers zu Steinach) um 130 Gulden.

7 StA Landshut, Rentkastenamt Straubing, P55,  fol.89  Consens hierzu erteilt von Pfarrer Kaspar Wild von Steinach am 03.06.1653
8 StA Landshut, Rentkastenamt Straubing, P55,  fol.89  Consens vom 03.06.1653
9 StA Landshut, Rentkastenamt Straubing, P59 II,  fol.234   Heiratsbrief vom 07.03.1663

07.03.1663: Marx Wöhrl von Wolferszell hat sich bereits vor 26 Jahren zu seinem Eheweib Magdalena weil. Georg Foyerl von Mitterfels sel Tochter verehelicht. Er hat ihr die eigenen Äcker mit 85 Pifang in Rothamer Feld gelegen neben 2 Kühen verheirat. Davon er seinem Sohn erster Ehe namens Andre 15 fl mütterliches gut vorbehalten.
Die derselbe laut bei der Hofmark Steinach sub dato 6. 11. 1661 vorgewiesenen Kontrakt neben 26 fl vätterlichen Gut empfang. Sie hat 30 fl Heiratsgut mitgebracht.
10 StA Landshut, Rentkastenamt Straubing, P 68,  fol. 135  Kauf pr. 260 fl vom 30.01.1692
Weil. Margaretha, Wolfen Schmidtpaurens Webers zu Steinach Eheweib hinterlassne 4 Kinder, namens Paulus, Hans, Maria und Georg, dann Georg, weil. Christophen Wierls zu Aufroth sel hinterbliebener Sohn, verkaufen hiermit dem erbaren Benedikt Döbinger von Wolferszell nämlich ihr von Michael Wierl gewesten Wittwer und Söldners zu Wolferszell ererbten Erbrechtssölden aldort, welche vermög Kaufbrief de dato 14. Oktober 1671 auf Saalbuch fol. 153 zu jährlich mit 4 Gulden Mundgelt auf alhiesien Kasten Straubing, sonsten aber mit dem An- und Ausstand zum Hl. Pfarrer zu Steinach gehörig und grundbar ist zusammen um 260 Gulden.  30.01.1692
11 Gemeindebote Steinach, Hafnerzentrum Steinach Wolferszel l, März 1998

 

 

Weitere Quellen:
BZA Regensburg, Pfarrmatrikel Pfarrei Steinach
StA Landshut, Rentamt Straubing B138, Häuser- und Rustikalsteuerkataster Wolferszell 1808
StA Landshut, Rentamt Straubing B139, Umschreibebuch zum Häuser- und rustikalsteuerkataster Wolferszell 1814-1843
StA Landshut, Grundsteuerkataster Agendorf 17/2-7, 17/2-10, 17/2-14

 

Stand: 12.03.2023

 

Wiedersehen nach 60 Jahren

 

 

 

Das BR Fernsehen hatte 1957 einen Film über Münster gedreht, der später in der Reihe "Abendläuten" gelaufen ist. 60 Jahre später, im Jahr 2017, sind sie wieder dorthin gefahren, um Menschen zu treffen, die sich an die Aufnahmen von damals noch erinnern können.

 

 

 

Quelle: Bayerischer Rundfunk
auf Youtube veröffentlicht am 26.03.2017

Gemeinde Steinach

 

Apian 1568

Auszug aus der Bayerischen Landtafel aus dem Jahr 1568 von Philipp Apian
Quelle: Bayerische Landesbibliothek Online

 

Die Gemeinde Steinach in ihrer heutigen Gestalt und Ausdehnung ist durch Eingliederung der einst selbständigen Gemeinden Agendorf (1974) und Münster (1978) im Rahmen der Gebietsreform entstanden. Alle drei Gemeindeteile können auf eine sehr alte und bedeutende Vergangenheit zurückblicken.

Die  drei Gemeindeteile sind zwischenzeitlich auf vielfältige Weise zu einer homogenen Einheit zusammengewachsen, konnten sich aber dennoch in weiten Bereichen ihre charakteristischen Eigenarten bewahren.

Die Gemeinde Steinach besteht aus 17 Ortsteilen:

Es gibt die Gemarkungen Agendorf, Münster und Steinach.

 

 

 

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Älteste Zeugnisse von Menschen im Straubinger Raum

Die altsteinzeitlichen Funde aus der ehem. Neandertalerhöhle

am Buchberg bei Münster

 

von Hans Agsteiner

 

 

 

Im Jahre 1920 erforschte Prof. Dr. Birkner, Mitglied der Höhlenforschungskommission in München, die altsteinzeitliche Höhle an der Südwestseite des Buchbergs in Münster.
Das Ergebnis der Untersuchungen war damals eine kleine Sensation.
Birkner fand in der Höhle und auf dem Acker davor Reste vom Mammut, Nashorn, Höhlenbär, Höhlenhyäne, Riesenhirsch und Rentier, auch Reste von Vögeln, Amphibien und Nagetieren.
Was aber am bedeutsamsten war: man fand auch Werkzeuge von Menschen der mittleren Altsteinzeit (um 50 000 Jahre vor Christus). Unter den Werkzeugen befanden sich Schaber, Pfeil- und Lanzenspitzen sowie Bohrer, welche die sechste in Bayern bekanntgewordene Moustèr-Station dokumentieren. Die Werkzeuge stammen vom Menschentyp des Neandertalers, so genannt nach den ersten Funden dieser Menschenart im Neandertal bei Düsseldorf sowie einer Abart im französischen Le Moustièr.

 

fo muen 26

Die ehemalige Höhle am Buchberg in Münster (nach einer alten Fotografie im Geäubodenmuseum Straubing)
wurde von Neandertalern in der mittleren Altsteinzeit vor etwa 50 000 Jahren benutzt.
Sie ist leider - trotz Stützmaßnahmen - den Steinbrucharbeiten zum Opfer gefallen.

 

 

Die Menschen vom Typ des Neandertalers waren noch nicht sesshaft und lebten von Jagd, Fischfang und Wildfrüchten. Der etwas in die Ebene vorgeschobene Buchberg eignete sich durch seine exponierte Lage hervorragend zur Jagd. Von der Bergspitze aus konnte das Wild, gleichsam von einem Hochsitz aus, im mannshohen Gras erkannt und beobachtet werden. Die Donau, die damals weit an die Umgebung von Münster heranreichte (die Kiesvorkommen deuten darauf hin!), war voll von Fischen. So ist es nicht verwunderlich, dass sich die Neandertaler am Buchberg niederließen. Leider fand man keine Feuerstellen, möglicherweise deshalb, weil der vordere Teil der Höhle bei früheren Steinbrucharbeiten schon entfernt worden war. Man kann deshalb nicht den Nachweis führen, dass die Höhle von den Urmenschen bewohnt wurde oder nur als Lagerstätte diente. Es könnte sich auch um ein Depot handeln für das erlegte Wild, auf dessen Bestände man zurückgreifen konnte. Man weiß, dass die Neandertaler wie Nomaden umherzogen, im Sommer in Zeltlagern auf offenem Gelände lebten und sich erst Im Winter in schützende Höhlen zurückzogen. Spuren solcher altsteinzeitlichen Biwaks in freier Natur fand man in Salching bei Straubing. Dass die Neandertaler auf ihren Jagdzügen tief in den Wald hinein vorstießen, zeigt ein Faustkeil, den man in Zinzenzell gefunden hat.

 

Leider ist die altsteinzeitliche Höhle am Buchberg bei Münster, die den Höhlen des Altmühltals auffallend ähnlich war, den fortschreitenden Steinbrucharbeiten ganz zum Opfer gefallen. Abstützmaßnahmen hatten nichts genützt; die Höhle stürzte ein. Was uns geblieben ist, sind die Funde aus der Höhle, die hauptsächlich in der Prähistorischen Staatssammlung in München aufbewahrt werden und die Kenntnis, dass diese Gegenstände zusammen mit den Salchinger und Zinzenzeller Objekten sowie einem Fund in Aufroth zu den Ältesten Menschenspuren in unserem Raum gehören.

 

Eine Situationszeichnung konnte bisher nicht gefunden werden. Die Lage der heute verschwundenen Höhle ist aber älteren Einwohnern von Münster noch bekannt. So konnte Karl Biederer dem Verfasser die Stelle, an welcher sich die einstige Höhle befand, im Herbst 2001 exakt bezeichnen. Danach befand sie sich an der Südwestseite des Buchbergs beim sog. Gemeindesteinbruch (Steinbruch, den die ehemalige Gemeinde Münster in Eigenregie betrieb), etwa 10 Meter nördlich des heutigen Verlaufs der Buchbergstraße. Der Buchberg reichte früher an die Buchbergstraße heran und wurde bei den Steinbrucharbeiten abgeflacht. Die Höhle befand sich laut Biederer in einer Höhe von ca. 1 Meter.

 

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aufgenommen 1956
Hier war die Höhle bereits eingestürzt.
Bild: Archiv für Heimatgeschichte Steinach

 

 

 

 

Bericht des Ausgrabungsleiters Prof. Dr. F. Birkner im Jahresbericht des Historischen Vereins für Straubing und Umgebung über die Ausgrabung im Juli 1920

Nachdem durch die Aufmerksamkeit des H. Oberlandesgerichtsrats Ebner und seiner Söhne auf den Äckern des Buchberges bei Münster Steinwerkzeuge von altpaläolithischem Charakter festgestellt waren (siehe Jahresbericht 20, 1917 S. 11; 21, 1918 S. 8; 22, 1919 S. 4, fand im Sommer 1920 der Geologe H. Scherm in Steinach als Erfolg seines eifrigen Suchens unter Steinbruchschutt an der Südwestseite des Buchberges diluviale Tierreste und einen Moustierscherben. H. Oberlandes-gerichtsrat Ebner, dem er die Funde übergab, benachrichtigte den Berichterstatter, der sofort Ende Juli mit den genannten Herren die Untersuchung der Fundstelle in Angriff nahm und mit Mitteln der akademischen Kommission für Höhlenforschung in Bayern durchführte.

Nach Entfernung des Steinbruchschuttes zeigte sich, dass über einer steil abfallenden Felsplatte eine dem aus Höhlen bekannten Lehm entsprechende Lehmschicht von 1,50 m Mächtigkeit vorhanden war, von der die untere Hälfte keine Funde aufwies, während die obere Hälfte die Reste diluvialer Tiere und Werkzeuge vom Moustiertypus einschloss. Zwischen den Felsenrändern war der Lehm noch in einer Flächenausdehnung von 5 : 3 m vorhanden, gegen Osten setzte er sich in einer nicht ganz 2 m hohen Aushöhlung fort, die noch durch gratförmig aus dem Boden herausragenden Felsen verengt wurde.

 

Das Fundergebnis war befriedigend. Obgleich der Lehm wohl schon seit langer Zeit den Einflüssen der Witterung ausgesetzt war, konnte doch noch eine Anzahl von bestimmbaren Tierknochen gehoben werden. Prof. Dr. M. Schlosser stellte fest: Reste von Mammuth (Elephas primigenius), Nashorn (Rhinoceros antiquitatis-tichorhinus), Höhlenhyäne (Hyaena spelaea), Höhlenbär (Ursus spelaeus), Wolf (Lupus vulgaris), Fuchs (Vulpes vulgaris), Pferd (Equus Germanicus Nehring), Riesenhirsch (Megaceros Germaniae Pohlig), Edelhirsch (C01Ws elaphus), Ren (Rangifer tarandus), Marder (Mustela Martes), Iltis (Mustela foina), Hermelin (Mustela ermi nea), Mustela Foetorius Krejici Woldrich, Dachs (Meles taxus), Sumpfschildkröte (Ennys Europaea), Birkhuhn (Tetrao tetrix), ? Huhn (Gallus), ? Wildente (Anas boschas),? Gans (Anser),? Drossel (Tardus),? Uhu (Bubo bubo), Frosch (Rana), Pfeifhase (Lagomys Ochontona pusillus), Wühlmäuse (Arvicola amphibius), Halsbandlemming (Myodes cuniculus torqua-tus]), Hamster (Cricetus frumentarius), Mäuse (Mus). Die Reste von Vögeln, Amphibien und Nagetieren stammen der Hauptsache nach von Raubtier-gewöllen.

Wären die Tierreste allein gefunden worden, so könnte man an die Lagerstätte von Raubtieren denken. Da aber in der gleichen Schicht auch die menschlichen Werkzeuge lagen, handelt es sich, abgesehen von dem Raubvögelgewälle, um Reste der menschlichen Nahrung. Die Fundstelle vom Buchberg bestätigt die Beobachtung, die auch an anderen menschlichen Wohnstätten aus diluvialer Zeit gemacht worden ist, dass der Eiszeitjäger nicht die ganzen Tiere in seine Höhle schleppte, sondern besondere Teile der Jagdtiere bevorzugte, wie Kopf und Extremitäten mit den auch vom Kulturmenschen geschätzten fleischigen Teilen, während er den größten Teil des Rumpfes zurückließ, soweit er nicht Teile desselben an Ort und Stelle verzehrte.
Die auf den Äckern gefundenen, schon in früheren Berichten für paläolithisch erklärten Steinwerkzeuge passen ausgezeichnet zu den in der Kulturschicht gesammelten. Wenn auch die Zahl der eigentlichen Werkzeuge gering ist, so genügen die vorhandenen dennoch, um sie der Moustierstufe zuzurechnen. Es sind unter denselben typischen Schaber und Spitzen, auch fehlen nicht die kleinen Werkzeugehen und die Quarzartefakte, wie sie im Schulerloch und in der Fischleitenhöhle im unteren Altmühltale zutage kamen. Die Kulturen im Buchberg und in den genannten Höhlen des Altmühltales sowie die alt-paläolithischen Kulturreste aus der Räuberhöhle am Schelmergraben bei Etterzhausen im Naabtal sind vollständig gleichförmig. Rechnet man noch eine Anzahl von Werkzeugen aus dem Hohlen Fels bei Happurg und dem Hasenloch bei Pottenstein hieher, so kennen wir heute 6 Moustierstationen in Bayern. In der Kulturschicht am Buchberg fand sich auch eine Anzahl von Knochen mit scheinbaren Einschnitten und geglätteten Rändern, welche die Annahme nahelegen, dass es sich hier um von Menschen ben+tzte Knochen handeln könnte. Nach eingehendem Studium derselben kommt der Berichterstatter aber doch zu dem Schluss, dass es sich um Erscheinungen handelt, die von der Benagung durch Tiere herrühren und nicht von der Benutzung durch den Menschen.

 

Es unterliegt keinem Zweifel, dass wir es am Buchberg mit einer Kulturschicht aus der Moustierstufe zu tun haben: es entsteht nun die Frage, wie diese Wohnstätte des Menschen ursprünglich ausgesehen hat.

Die noch vorhandene Kulturschicht am Buchberg stellt allem Anschein nach dem letzten Rest einer einst weiter nach Südwesten reichenden Wohnschicht dar. Durch die Steinbrucharbeiten, die an dieser Stelle vielleicht schon zu jenen Zeiten begonnen worden sind, als in Münster noch Ordensleute saßen, wurde im Laufe der Zeit die die Kulturschicht überdachende Felsenpartie weggesprengt, wodurch die Wohnschicht mit ihren Einschlüssen an Knochen und Kulturelementen den Einflüssen der Witterung ausgesetzt wurde. Die Bewohner von Münster werden bald erkannt haben, dass diese Erde einen guten Dünger für ihre Äcker abgibt, weshalb sie dieselbe dorthin schafften, um den steinigen Boden zu verbessern. Die Knochen sind vollständig verschwunden, die Steinwerkzeuge aber konnten sich trotz der ständigen Kulturarbeiten erhalten und gaben infolge der fachkundigen Aufmerksamkeit des H. Oberlandesgerichtsrats Ebner und seiner Söhne den ersten Anstoß zur Entdeckung der Kulturschicht.
Über die Beschaffenheit des vor 1920 schon entfernten Teiles der Wohnschicht fehlen alle Anhaltspunkte. Wir dürfen nach den Fundumständen und den Verhältnissen des Fundplatzes als sicher annehmen, dass an der Südwestecke des Buchberges gegen die Donauebene zu eine Höhle von mindestens dreifacher Ausdehnung des bis 1920 noch vorhandenen Höhlenlehms bestanden hatte, welche dem Moustiermenschen als Wohnstätte diente.
Durch die Feststellung der Moustierwohnschicht bei Münster wird die Lücke, welche zwischen der alt-paläolithischen Fundstelle in der Gudenushöhle bei Krems in Niederösterrreich und den Fundstellen im Naab- und unteren Altmühltale bisher bestanden hat, zum Teil ausgefüllt. Da wir sowohl aus Nieder-Österreich als auch aus dem unteren Altmühltale auch Wohnschichten des Jungpaläolithikums kennen, dürfen wir erwarten, dass auch im Donautale zwischen Regensburg und Passau Zeugen von der Anwesenheit des Menschen der jüngeren Phasen der älteren Steinzeit zutage treten werden, umso mehr, als hier wie In dem fundreichen Niederösterreich der Löß  in ausgedehnten Lagerstätten vorhanden ist. Es sei deshalb an alle jene Stellen, welche mit der Ausbeutung von Lößlagern zu tun haben, die Bitte gerichtet, darauf zu achten, ob außer den zahl-reichen oberflächlichen jüngeren Wohnstättenresten nicht mehr in den Tiefen der Lößlager Kiesel-säuregesteine, Tierknochen, Kohlenreste u. a. zum Vorschein kommen. In diesem Falle wird um sofortige Mitteilung an den Historischen Verein f. Straubing u. U. gebeten, damit von diesem die nötigen Schritte zur fachgemäßen Erforschung der Fundstelle getan werden können.

 

Die altsteinzeitlichen Funde aus Münster (Buchberg) in der Prähistorischen Staatssammlung München

Das Straubinger Gäubodenmuseum besitzt keine Funde aus der altsteinzeitlichen Höhle in Münster. Der ehemalige Museumsleiter Dr. J. Prammer ermöglichte dem Verfasser aber eine Besichtigung und fotografische Dokumentation der in der Prähistorischen Staatssammlung in München im Depot verwahrten Fundstücke, die bei der Grabung durch Prof. Birkner im Jahre 1920 geborgen wurden.
Herr Dr. Ünze von der Prähistorischen Staatssammlung in München überließ dem Verfasser die Kopie einer Inventarliste, in welche die Fundgegenstände eingetragen und kruz dokumentiert sind.

Die Liste umfasst 31 Gegenstände, die in der Höhle der Münsterer Neandertalermenschen bzw. auf den davorliegenden Äcker gefunden wurden. Im Depot der Prähistorischen Staatssammlung sind tatsächlich jedoch nur noch 14 Stücke vorhanden, die nachstehend abgebildet und beschrieben sind.
die restlichen Fundstücke sind lt. Dr. Ünze – evtl. durch Kriegseinwirkungen- verloren gegangen. Bei den in der Prähistorischen Staatssammlung verwahrten Funden handelt es sich ausschließlich um Steinwerkzeuge der Neandertaler; insbesondere aus Hornstein.

 

 

fo muen 42

 Obere Reihe von links:
Inv.Nr. 1087 Spitze; Hornstein, grau; Lg. 4,2 cm; gr. Br. 3,4 cm
InvNr. 1086 Spitze; Hornstein; weißlich; Lg. 4,7 cm; gr. Br. 3,4 cm
Inv.Nr. 1079 Schaber; Hornstein; weißlich; Lg. 3,9 cm; gr. Br. 1,7 cm
Unter Reihe von Links:
Inv.Nr. 1080 Schaber; Hornstein; bräunlich; Lg. 3,4 cm; gr. Br. 2,5 cm
Inv.Nr. 1092 Spitze; Hornstein; grau; Lg. 4,3 cm; gr. Br. 3,8 cm;
auf den Äckern gefunden

 

 

Wohl im 2. Wettkrieg zerstört: Die Tier-Funde aus der Buchberhöhle

Im einschlägigen Schrifttum werden bei der Buchberghöhle nicht nur Steinwerkzeuge der Neandertaler angeführt, sondern auch Knochen-funde vorgeschichtlicher Tierarten. Der Verfasser wandte sich in diesem Zusammenhang an Herrn Prof. Dr. Kurt Heißig von der Paläontologischen Staatssammlung in München, denn dorthin dürften die von Prof. Birkner bei der Höhle entdeckten Tier-knochen verbracht worden sein. Die Recherche von Prof. Heißig war leider negativ. In der Paläontologischen Staatssammlung sind Tierknochenfunde aus Münster nicht (mehr) vorhanden. Prof. Heißig teilte dazu mit, dass im 2. Weltkrieg etwa 80% der Bestände dieser Staatssammlung zerstört worden seien. Darunter waren wohl auch die Münsterer Tierknochen. Karl Biederer kann sich noch heute gut an einen Münchener erinnern, der den Münsterer Buben für jeden beim Buchberg gefundenen Tierknochen 50 Pf. zahlte.

 

Prof. Heißig überließ dem Verfasser freundlicherweise aber einen Bericht von Prof. Dr. M. Schlosser aus dem Jahre 1926, der damals als Separat-Abdruck im Centralblatt f. Min. etc., Abt. B Nr. 10 S. 361-365 veröffentlicht worden war. Einführend verweist Prof. Schlosser auf die Entdeckung der Buchberghöhle: „ ... Außerdem wurde von Prof. Dr. Birkner eine Menge kleinerer Höhlen und Felsnischen einer genaueren Untersuchung unterzogen. Die von ihm begonnene Aufsammlung der Tierreste in der Höhle am Buchberg bei Münster in der Nähe von Straubing hat Dr. v. Trauwitz-Hellwig fortgesetzt ...“

Weiter geht Schlosser auf die geologische Entstehung der Höhle in Münster ein:
"Während die bisher besprochenen Höhlen im Frankendolomit liegen, der ja für die Entstehung von Höhlen überaus geeignet ist, hat sich jene am Buchberg bei Münster, in der Nähe von Straubing, in der untersten Stufe des weißen Jura, der Transversarius-Zone gebildet, die hier als Schwammkalk entwickelt ist und von gelblichweißem Kiesel-nierenkalk überlagert wird. Die ungleiche Härte des Schwammkalks und die unregelmäßige Verteilung seiner härteren und weicheren Partien ermöglichte hier die Entstehung einer zuerst als Spalte angelegten und später durch Auswaschung vergrößerten Höhle. Leider hat sie durch den Steinbruchbetrieb nahezu zwei Drittel ihrer Ausdehnung eingebüßt, wobei auch ihr Inhalt in Mitleidenschaft gezogen wurde, denn den Höhlenlehm hat man auf die Felder geschafft, wo die Knochen allmählich verwitterten und nur die Feuersteinwerkzeuge übrigblieben, welche sich als Moustierien klassifizieren lassen. Sowohl die Feuersteinwerkzeuge, als auch die Tierreste, sind offenbar vom Plateau herab in die Höhle ge-langt; die jetzt vorhandene seitliche Öffnung ist erst vor kurzem durch Einsturz der Decke entstanden.“

Weiter berichtet Prof. Schlosser über die Tierreste: „Die Tierreste verteilen sich auf Höhlenbär, Wolf, Fuchs, Hyäne, Höhlenlöwe, Dachs, Marder, Iltis, Wiesel, Hermelin, Wildpferd, Wildesel (?), wollhaariges Nashorn, Ren, Edelhirsch, Riesenhirsch, Mammut, Hase, Pfeifhase, Wühlmaus, Halsband-lemming und Hamster. Unter den mannigfaltigen Vogelarten verdienen nur Birkhahn, Schneehuhn, Wildente und Uhu besondere Bedeutung. Die Nähe von Wasser erklärt das Vorhandensein von Sumpfschildkröte und Frosch. Die Anwesenheit der post-glazialen Mikrofauna ist hier durch Schneehuhn, die kleinen Musteliden, sowie durch Halsbandlemming und Pfeifhase vollkommen sichergestellt, wenn sie auch jetzt mit den Resten der eigentlichen Pleistocänfauna vollständig vermischt gefunden wird.“

 

Bisher keine anthropologischen Funde

In der bisherigen Literatur fand sich kein Hinweis auf Knochenfunde vom Neandertaler selbst. Es stellt sich die Frage: Bewohnten die Neandertaler diese Höhle oder benutzten sie diese nur als Lagerstätte. Feuerstellen wurden nicht gefunden. Das Fehlen von Feuerstellen kann aber auch darauf zurückzuführen sein, dass zur Zeit Prof. Birkners der vordere Teil der Höhle, der etwa zwei Drittel der ehemaligen Gesamtanlage ausmachte, bereits eingestürzt war. Im damals noch erhaltenen rückwärtigen Teil der Höhle konnte schon aus technischen Gründen, wegen des fehlenden Rauchabzugs, kein Feuer unterhalten werden. Wenn es sich um eine Wohnhöhle handelte, was wegen der gefundenen Werkzeuge wahrscheinlich ist, dann müssten in der Umgebung der Höhle Begräbnisstätten der Neandertaler anzutreffen sein. Herr Stecher, Kirchroth, verweist auf altsteinzeitliche Werkzeugfunde auf einem Hügel bei Aufroth, unweit der Münsterer Höhle. Auch diese Funde weisen auf einen längeren Aufenthalt der Neandertaler in Münster hin. Möglicherweise könnte durch Grabungen eine Beerdigungsstätte nachgewiesen werden.

 

 

Veröffentlichungen in den Jahresberichten des Hist. Vereins für Straubing und Umgebung:
JHVS 20, 1917, S. 11, Ausgrabungen

JHVS 21, 1918, S. 8 Ausgrabungen

JHVS 22, 1919 S. 8 und 8 Ausgrabungen - Die Untersuchungen auf dem Buchberge bei Münster

JHVS 23, 1920 S.7-9 Ausgrabungen - Eine altpaläolithische Siedelung am Buchberge bei Münster